Das Oleander-Märchen oder wie 'Kewpie' in die weite Welt reiste und wieder heimkehrte.
Und wieder einmal lag die geballte Energie eines Hurrikans über dem Golf von Mexiko. Die Natur erwartete ihren Einschlag an der Küste. Über Galveston in Texas öffneten sich die Schleusen des Himmels und der schwere tropische Regenguss brachte eine Sintflut. Die Menschen wussten, der Kampf mit den Naturgewalten würde all ihre Kraft fordern.
Das Unwetter zog ab und die Sonne kam wieder. Wir, die OLEANDER Samenkinder, wir lagen in unseren Erdbetten und warteten auf ihren heißen Atem. Bald hüpften wir fröhlich aus unseren Samenschalen. Wir reckten und streckten uns, da wir einen Blick auf die Welt da draußen erhaschen wollten. Oh, sie war wunderschön – ein blühender Garten!
Meine Geschwister und ich hatten ein schönes und sonniges Leben. Wir wuchsen zu gesunden und kräftigen Oleander-Samenpflanzen heran. Der große Augenblick unserer Blüte rückte näher Die prallen Knospen entrollten die Blütenblätter und die verschiedenen Farben begannen zu leuchten. Jetzt erwachte das Interesse der Menschen. Sie betrachteten uns eingehend, diskutierten, fotografierten und dokumentierten. Sie verteilten Namen, um uns später nicht zu verwechseln. Nur, warum wurde mein Töpfchen immer wieder zur Seite geschoben? Die Menschen tuschelten. Über meine Zweige lief ein Zittern – wollten sie mich nicht? Da fasste eine zarte Hand nach mir, ließ Wasser über meine Wurzeln laufen und große Augen betrachteten meine Blüte:
„Welch außergewöhnliche Musterung der Blütenblätter! Wie, wenn die rosa Farbe über die weiße Blüte gelaufen wäre, um so diese markanten Streifen zu hinterlassen. Aber seht, der nebenstehende Zweig trägt Blüten o h n e eine Panaschierung! Sie blühen in einem einfarbigen leuchtenden Rosa!
War hier ein Oleander „der besonderen Art“ gewachsen? Gab es die Erscheinungsform einer ‚Blüten-Doppelform‘ schon einmal?
Wir wollen einen Namen finden, der die Besonderheit dieses unseres Oleanders repräsentiert.“
Die Hybride Nerium oleander ‚KEWPIE‘ mit zwei verschiedenen Blütenfarben an
verschiedenen Zweigen der Pflanze, wo die jeweiligen Blütendolden oft zur gleichen Zeit blühen.
Eine junge blondgelockte wunderschöne Lady gründete einst die Internationale Oleander Society in Galveston - Maureen Elisabeth ‚Kewpie‘ Gaido - sie war verliebt in all die vielen wunderschönen Oleanderblüten! Sie arbeitete unermüdlich daran, den Oleander und seine vielen Vorzüge den Menschen landauf und landab nahe zu bringen – sogar dem Präsidenten der USA, Ronald Reagan! GALVESTON wurde zur OLEANDERSTADT.
Meine Pflanzensäfte sprudelten vor Glück – ich durfte den Namen unserer Beschützerin tragen?!
NERIUM Oleander „ K e w p i e “
Besucher aus aller Welt kamen nach Galveston. Einer verliebte sich in meine auffallende ‚Kewpie‘-Blüte und nahm mich in Form einiger Zweigstücke mit in das „Alte Europa“. So verließ ich Galveston und zog in das Abenteuer!
Alle meine Pflanzhölzer wurden mit großer Aufmerksamkeit und Liebe umsorgt und bald schmückte „Kewpie“ in buntlackierten Keramiktöpfen eine große Veranda in BERLIN, der Hauptstadt Deutschlands. Aber leider, diese Natur brachte viel Regen und oft weinten wir mit ihr um die Wette.
Die Menschen brachen zu einer Reise nach Griechenland auf. Eine „Kewpie“-Pflanze sollte das Gastgeschenk werden. Ich durfte mit! Mit Freude begrüßte ich das Licht und die Wärme! Herrlich, endlich wieder im Süden! Meine Blüten waren ob dem Stress der Reise spärlich und ohne Aussage. Die Begeisterung der Gastgeber hielt sich vorerst in Grenzen, doch sie kam heftig, als man das Foto überreichte! Die Neugier auf diesen neuen Oleander zündete!
Man pflanzte mich in den griechischen Gartenboden und ich bekam den Schock meines Lebens: Eine weiche Lehmerde, wohl auch sandig und daher wasserdurchlässig, umhüllte meine Wurzeln. Das Quellwasser aus einem tiefen Brunnen war in der Hitze des Tages angenehm kühl. Überraschend war der hohe Kalkgehalt des Wassers, der mein Wachstum positiv beeinflusste. Doch da gab es noch etwas anderes: Ich stand in einem kleinen ‚Märchenwald‘! Die Schmetterlingsblüten der Bauhinien leuchteten in weinrot und violett, dicht an dicht an langen Zweigen. Dunkelrote Schnabelblüten an den mit Stacheln bewehrten Ästen der Erythrina. Himmelblaue Glöckchen wiegten sich im zart-fiedrigen Laub der Jacaranda. Rote, weiße und gelbe Bürstenblüten trugen die Zweige der Callistemons. Eigenartige Blütengebilde in gelb-braun und rot - gleich ‚Haarbürsten‘ - die Grevillea. Die holzigen mit dunkelroten ‚Haaren‘ besetzten Blütenbälle des Eucalyptus Baumes, sie waren der Blüten-Höhepunkt aus Australien. Der intensive Duft der Orangen- und Zitronen-Blüten zog durch die Luft und mischte sich mit den leuchtenden Farben der kletternden Bougainvillea. Die vielen Oleander-Geschwister, die uns umrundeten und auch zwischen Bäumen und Bananen, Rosen und Hibisken wuchsen, sie waren der Hit im Hochsommer! Ihre farbige Blütenfülle war die einzige in der Hochsommerhitze! Dann, wenn alles unter der glühenden Sonne welkte, dann strahlten ihre Blüten um die Wette! Doch, was wurde da in der ‚grünen Welt‘ getuschelt? Die Oleander wären auch die Wächter hier? Ihre giftigen Substanzen würden Schädlinge abwehren? Na ja, unter der Erde war Frieden, niemals nie gab es ein Gerücht, dass die giftigen Oleanderwurzeln einer Kulturpflanze geschadet hätten.
Die Jahre gingen ins Land und „Kewpie“ war ein kräftiger und reich verzweigter Strauch geworden. Meine geschnittenen Aststücke konnten einer neuen „Kewpie“-Generation Leben geben. So dachten auch die Menschen. In Österreich, Ungarn, Deutschland und Frankreich wurde „Kewpie‘ als eine seltene Oleandersorte mit der besonderen Blüte aus den USA bekannt.
Und wieder gab es eine Reise. Diesmal kam das Gastgeschenk als „Kewpie“-Aquarell. Es sollte die Geste einer Rückführung von „Kewpie“ in den ‚Schoß ihrer Familie‘ sein. Der Enkelin der großen Kewpie Gaido sollte das Bild den Dank vieler „Kewpie“ Liebhaber aus Europa bringen.
D A N K E !!!